“Talents 27 – How Terry likes his coffee” – Fotoausstellung im C/O Berlin

“Talents 27 – How Terry likes his coffee” – Fotoausstellung im C/O Berlin

Florian van Roekels Sujet ist die allgegenwärtige Arbeitswelt. Seine Fotografien zeigen menschliche Körper, Blicke und Gesten, die sich aus der Spannung zwischen sozialem und funktionalem Raum ergeben und einen genauen Blick auf das menschliche Miteinander und damit auf die Verhaltensweisen in einem gesellschaftlichen Mikrokosmos werfen.

Alltag im Büro. Schreibtische, Regale, Maschinen, Aktenordner, Container und Waren. Ein Rücken, der hinter einem Vorhang aus Bürostuhl und Sakko hervorlugt, ein Beinpaar, das durchs Bild huscht. Ein Mann im Anzug nimmt eine kontemplative Wartehaltung ein. Jemand kratzt sich am Kopf und blickt auf sein Mobiltelefon. Meetings, Telefonate, Konzentration und Abwesenheit.

In 15-monatiger Arbeit hat sich Florian van Roekel in die Bürowirklichkeit niederländischer Konzerne und damit in die Position des Ethnologen begeben. Seine stille Präsenz wurde erstaunlich schnell zur Normalität, die porträtierten Personen lassen sich auf die Fotografien ein und vergessen die Anwesenheit des Fotografen. Zwischen Kamera, und damit dem Blick von Außen, sowie den Porträtierten entsteht auf diese Weise eine ungewöhnliche und unmittelbare Nähe. Jedoch sind die Aufnahmen nicht einfach Schnappschüsse, die einen ruhigen Moment einfangen. Die Protagonisten wirken eher wie in Posen erstarrt – so als ob sie bewusst ihre jeweilige Position für die Kamera eingenommen hätten. Gleichzeitig erzählt die fotografische Serie nicht nur von dem Gefühl der Isolation des Individuums von seiner alltäglichen Umgebung, sondern auch vom Verlangen nach einer wirklichen, persönlichen Verbindung zu einem anderen Menschen. Obwohl das Büro Schranken errichtet, die einen wirklichen Kontakt unmöglich machen und keinen Raum für Emotionen zulassen, scheint das Bedürfnis nach Nähe immer noch präsent.

In der Aneinanderreihung der Bilder als Serie schafft Florian van Roekel bewusst eine filmische Narration, die dem Betrachter eine vorgegebene, eine „richtige“ Folge und Rhythmik der Bilder vorgibt. Zudem konzentriert er sich in der Bildsprache auf eine besondere Form des Lichtes. Statt eine Szenerie gleichmäßig und nüchtern auszuleuchten, arbeitet er an einer Dramaturgie aus harten Kontrasten und scharfen Schatten, welche den Bildern eine Prägnanz verleiht, die an das Kino erinnert. Die dadurch erreichte Dramatisierung führt zu einer Überhöhung der realen Situation. Diese Fiktionalisierung des Geschehens wirkt jedoch faszinierenderweise umso realer – hier wird deutlich, wie sehr der Betrachter in seiner Wahrnehmung durch die Ästhetik der bildgestützten Medien beeinflusst und so sein Realitätssinn manipuliert wird. Realität und Virtualität verschwimmen zunehmend.

Serviceinfo

Termin: 05. Mai bis 10. Juli 2012
Öffnungszeiten: täglich von 11 bis 20 Uhr
Ort: C/O Berlin, Oranienburger Straße 35/36, 10117 Berlin
Eintritt: 10/ erm. 5 Euro

Bild: © Florian van Roekel